Rettiche |

Blütenstand von Raphanus sativus

Fruchtstand des Ölrettichs

Raphanus sativus blüht weiß oder violett mit dunkleren Adern
Nach
Sir William Jackson Hooker
(1785–1865) setzt sich Raphanus
etymologisch aus dem griechischen Partikel ra (schnell) und
dem Verb phainomai
(ich erscheine) zusammen und beziehe sich auf die schnell keimenden
Samen. Die deutsche Bezeichnung entwickelte sich aus lat. Radix (Wurzel) über
althochdeutsch retih
zu Rettich.
Die als Kulturpflanzen auf allen Kontinenten verbreiteten, ursprünglich im Mittelmeergebiet und Westasien heimischen Rettiche bestehen aus nur 3 Arten. Es handelt sich um ein- bis zweijährige, meist behaarte Kräuter mit aufrechten oder niederliegenden, verzweigten oder einfachen Stängeln und schlanken bis verdickten Pfahlwurzeln. Die gestielten Grundblätter sind einfach oder leierförmig fiederspaltig bis fiederschnittig, die wechselständig angeordneten Stängelblätter sind gestielt oder fast sitzend und ähneln den Grundblättern, besitzen aber weniger und kleinere Fiedern. Die oberen Stängelblätter können ungeteilt sein.
Die zwittrigen Blüten sind weiß, gelb, rosafarben oder violett, meist mit dunkleren Adern. Die 4 Kronblätter sind deutlich in Nagel und Platte gegliedert, wobei letztere verkehrt eiförmig bis rundlich ist und der Nagel etwa so lang oder länger als die 4 aufrechten, schmalen Kelchblätter. Es sind 4 lange und 2 kurze Staubblätter vorhanden. Der oberständige Fruchtknoten ist aus 2 Fruchtblättern verwachsen und trägt einen schlanken Griffel mit kopfiger Narbe.
Nach Insekten- oder Selbstbestäubung bilden sich geschlossen bleibende, linealische, zylindrische, längliche, spindelförmige, eiförmige oder lanzettliche, im Querschnitt runde oder eckige Schotenfrüchte, die zwischen den Samen oft eingeschnürt sind. Sie beinhalten wenige, einreihig angeordnete, ungeflügelte, längliche bis fast kugelige Samen die bei Nässe nicht verschleimen.
| Blütenformel: |
| ·|· K4 C4 A2+4 G(2) oberständig |
Historische Veröffentlichungen
Theophrast
(371–287 v. Chr.)
schrieb in
einem Kapitel über Wurzeln, die meisten Gemüsesorten besäßen nur eine
einzige Wurzel, wie Rettich, Bete, Sellerie und Ampfer. Bei einigen
seien die Wurzeln fleischig, wie beim Rettich, den Kohlrüben, dem
Aronstab
und dem Krokus. Bei der Rauke und beim Basilikum jedoch wären
sie holzig.
Plinius (ca. 23–79 n. Chr.)
hielt
den Genuss von Rettich für anstandswidrig, da er Aufstoßen auslöse. In
Ägypten würde er als Ölpflanze angebaut. Die Bauern dort würden gerne,
wenn es erlaubt wäre, mehr davon produzieren, denn der Ertrag und der
Gewinn sei höher und die Abgaben geringer als beim Anbau von Getreide
und anderen Ölpflanzen. Rettich gedeihe gut in kälteren Klimazonen, in
Deutschland z. B. bilde er Wurzeln bis zur Größe eines Kinderkopfes.
Dioskurides (1. Jh. n. Chr.) schrieb über den Rettich, er würde auch Polyeidos Eryngiou genannt und von den Afrikanern Torpath. Er schmecke gut, würde aber Blähungen verursachen und sei harntreibend. Gekocht lindere er chronischen Husten. Die Rinde mit Honig und Essig eingenommen wirke gegen Wassersucht. Die Rinde als Umschlag mit Honig aufgelegt bringe Geschwüre zum Stillstand und entferne Augenringe. Ebenso helfe sie gegen Bisse giftiger Tiere und ließe die Haare nach der Räude wieder wachsen.
Hildegard von Bingen (1098–1179) berichtete, der Rettich reinige das Gehirn und mindere schädliche Säfte der inneren Organe. Korpulenten Leuten würde er gut bekommen, dünnen nicht. Kräftigend für Kranke wirke Rettich, wenn er auf einem heißen Stein getrocknet, pulverisiert und mit Salz und Fenchel auf Brot eingenommen werde. Bei Verschleimung empfahl sie Wein mit Honig und Rettichpulver.
Leonhart Fuchs (1501–1566) schrieb über die zahmen Rettiche (mit dem wilden Rettich meinte er Meerrettich), sie würden in Apotheken Raphanus minor heißen und es gäbe zweierlei Sorten: die mit kugeligen Wurzeln nenne man gewöhnlichen Rettich, es gäbe aber eine weitere Sorte mit sehr langen Wurzeln, die milder und süßer sei, sonst wären sie gleich. Die Blätter würden Rüben ähneln und die Blüten seien weiß. Aus ihnen würden sich hohle, spitze Schoten entwickeln.
Bedeutung der Artnamen
- sativus: lat. sativus = kultiviert, gesät
- olieformis: lat. oleiformis = ölbildend
Interessantes am Rande
Walahfrid Strabo (808–849), ein bedeutender mittelalterlicher Dichter, Botaniker und Benediktinermönch schrieb in seinem Werk Liber de cultura hortorum ein Gedicht über den Rettich.
Bei kultivierten Rettichen bleiben die reifen Schotenfrüchte geschlossen (Schließfrucht), bei wilden Arten zerfallen sie in einsamige Teilfrüchte (Bruchfrucht).