Flora Emslandia - Pflanzen im Emsland

Seiden, Teufelszwirn

Cuscuta europaea, Nessel-Seide, Blüten

Blüten der Nessel-Seide (Cuscuta europaea)
 

Cuscuta europaea, Nessel-Seide, Habitus

Habitus der Nessel-Seide

 

Cuscuta L.: Die Gattung wurde in der Vergangenheit lange als eigene, monogenerische Familie betrachtet (Cuscutaceae). Molekularsystematische Analysen von vier Abschnitten der Chloroplasten-DNA, durchgeführt im Jahr 2000 von Stefanovic und Olmstead, führten dazu, dass Cuscuta 2003 in die Familie Convolvulaceae integriert wurde.
 

1743 beschrieb Linné die Gattung in seinem Werk Genera Plantarum. Die Etymologie des wissenschaftlichen Namens ist nicht geklärt. Man vermutet eine Herleitung aus dem arabischen Raum. Der deutsche Name bezieht sich auf den fadenförmigen Habitus – die parasitischen Pflanzen besitzen weder Wurzeln noch Blätter.

Die um die 170 Arten enthaltende Gattung besteht aus einjährigen, vollparasitischen Kräutern. Die fadenförmigen, schlanken, grünlichen, gelblichen, bräunlichen oder rötlichen, wurzellosen Stängel sind linkswindend und bilden sog. Haustorien, mit deren Hilfe sie ihren Wirtspflanzen Nährstoffe entziehen. Die Blätter sind zu winzigen, häutigen Schuppen reduziert.

Die kurz gestielten oder sitzenden Blüten stehen in Gruppen zusammen oder sind Köpfchen oder rispenartig angeordnet. Die weißen, creme- oder rosafarbenen Kronblätter sind zu einer 4 bis 5-lappigen Kronröhre verwachsen. Am Grund der Röhre, an der Innenseite jedes Kronblatts, befindet sich meist eine kleine, häutige, gefranste oder fein gekerbte Schuppe, die zusammen einen ringförmigen Wulst am Blütengrund bilden, der die Blüte mehr oder weniger verschließen kann. Die meist fleischigen Kelchblätter sind am Grund miteinander verwachsen oder frei.

Es kommen stets so viele Staubblätter wie Kronblätter vor. Sie inserieren am Grund der Blüte oberhalb des ringförmigen Wulstes zwischen den Kronblättern. Die Staubblätter sind entweder sitzend oder stehen auf einem Staubfaden. Die 1–2 Griffel tragen eine kopfige oder längliche Narbe. Nach Selbst- oder Insektenbestäubung bildet sich aus dem aus zwei Fruchtblättern verwachsenen, oberständigen Fruchtknoten eine 1- bis 4-samige Kapselfrucht, die entweder geschlossen bleibt oder sich auf vielfache Art und Weise öffnen kann. Die Samen sind kahl und rau und besitzen je nach Art unterschiedliche Größen.

Blütenformel:
* K(4-5) oder K4-5 [C(4-5) A4-5] G(2) oberständig

Biologie

Seiden entwickeln sich stets aus Samen, die im Frühling nahe der Bodenoberfläche keimen. Es werden keine Keimblätter gebildet, jedoch eine dünne Wurzel, die abstirbt, sobald eine Wirtspflanze gefunden wurde. Während des Wachstums rotiert der blattlose Stängel (Zirkumnutationsbewegungen), bis er auf eine Wirtspflanze trifft. Der Keimling ist in der Lage, auf chemische Duftstoffe zu reagieren, die von seinem potentiellen Wirt abgegeben werden. Findet er keinen, stirbt er nach ein paar Tagen ab.

Nach einem erfolgreichen Wirtskontakt bildet der Spross Haustorien (Saugwurzeln) aus, die in den Stängel oder in die Blätter eindringen und der Pflanze Wasser und lösliche Assimilate entziehen. Der Spross, der nur noch Spuren von Chlorophyll besitzt, wächst sehr schnell, während er sich linkswindend um den Wirt wickelt und mitunter ineinander verflochtene Haufen bildet. Einige Cuscuta-Arten sind nicht besonders wirtsspezifisch, sondern können verschiedene Pflanzen befallen.

Historische Veröffentlichungen

Leonhart Fuchs (1501–1566) schrieb über Cuscuta epilinum (Flachs-Seide), das Verworrene Filzkraut würde auch Flachßseiden oder Dotter genannt. Die Griechen würden es Cassytha nennen, die Araber Casuth. In Apotheken hieße es Cuscuta. Das Filzkraut sei wurzellos, habe kein Blatt und gleiche einem verwirrten Garn. Die Blüten seien weiß. Das Kraut in Wein gekocht öffne Verstopfungen der Leber und der Milz und wirke harntreibend.

Dioskurides (1. Jh. n. Chr.) berichtete vom Epithymon (Blüten der Quendel-Seide, Cuscuta epithymum), es würde von einigen Kedoïs und von den Römern Involucrum genannt. Mit Honig getrunken wirke es purgierend und sei ein gutes Mittel gegen Melancholie und Blähungen, wenn es zusätzlich mit Salz und Essig aufgenommen würde.

Plinius (ca. 23–79 n. Chr.) schrieb, es gäbe ein Kraut in Syrien, dass Cadytas genannt werde. Es schlinge sich um Bäume und um Dornen. Weiterhin erwähnte er ein Kraut namens Hirsetod, das Hirse ersticken würde.

Bedeutung des Artnamens

Interessantes am Rande