Sonnentau |

Die
kleinen Blätter des Rundblättrigen Sonnentaus
heben sich kaum vom Untergrund ab

Blattunterseite von Drosera rotundifolia
Linné selber glaubte nicht an fleischfressende Pflanzen, er berief sich auf das Alte Testament:
„Dann sprach Gott: Hiermit übergebe ich euch alles Kraut auf der ganzen Erde, die Samen tragen, und alle Bäume mit samenhaltigen Früchten. Euch sollen sie zur Nahrung dienen. Allen Tieren des Feldes, allen Vögeln des Himmels und allem, was sich auf der Erde regt, was Lebensatem in sich hat, gebe ich alles grüne Kraut zur Nahrung.“
Diese beiden Verse aus Genesis 1 machten damals die Vorstellung schwierig, wenn nicht gar gotteslästerlich, dass Tiere Pflanzen als Nahrung dienen können.
Bei der etwa 200 Arten umfassenden, weltweit vertretenen Gattung handelt es sich um einjährige bis ausdauernde Kräuter mit feinen Wurzeln, Rhizomen, Pfahlwurzeln oder Knollen.
Der Stängel ist entweder stark gestaucht oder aufrecht, manchmal kletternd. Die meist gestielten, meist einfachen, ganzrandigen, fadenförmigen bis runden und mit kopfigen Drüsenhaaren versehenen Blätter befinden sich meist in einer grundständigen Rosette oder sind wechselständig angeordnet. Manchmal stehen sie gehäuft an der Spitze eines kleinen Stammes.
Die zwittrigen und radiärsymmetrischen, weißen, rötlichen oder purpurfarbenen Blüten sind in Wickeln oder Trauben angeordnet. Die meist 5 Kelchblätter sind an der Basis manchmal verwachsen, während die meist 5 Kronblätter frei stehen. Alternierend mit den Kronblättern sind meist 5 Staubblätter vorhanden und der oberständige Fruchtknoten ist aus 2–5 Fruchtblättern verwachsen. Er trägt 2–6, meist aber 3–5 freie oder am Grund miteinander verwachsene Griffel mit oft 2-spaltiger Narbe. Nach Selbst- oder Insektenbestäubung bildet sich eine aufspringende Kapsel mit sehr vielen kleinen, geflügelten oder ungeflügelten Samen, die meist vom Wind verbreitet werden.
Blütenformel meist: |
* K5 bzw. K(5) C5 A5 G(2–5) oberständig |
Die an den Spitzen der Drüsenhaare sitzenden Tropfen locken durch ihren Duft Insekten an, die dann an der klebrigen Zuckerlösung haften bleiben. Beim Versuch sich zu befreien, berührt das Opfer weitere Drüsenhaare in seiner Umgebung und stirbt schließlich vor Erschöpfung oder erstickt durch das Verkleben der Atemöffnungen (Stigmata). Danach bewegen sich immer mehr Drüsenhaare auf das Insekt zu, bei vielen Arten rollt sich das Blatt sogar ein, bis das Insekt völlig umwickelt ist. Die in den Tropfen vorhandenen Verdauungsenzyme lösen das Innere des Beutetieres auf, und die Pflanze absorbiert die freiwerdenden Nährstoffe.
Sonnentau ist eine seit dem Hochmittelalter bekannte Heilpflanze, die allerdings erst in der Frühen Neuzeit ausführlicher beschrieben wurde. Das Kraut, das früher Herba roris solis, Herba rorellae und heute Herba droserae genannt wird, wird hauptsächlich zu Hustensäften verarbeitet. Da alle Drosera-Arten in Deutschland geschützt sind, sind Wildsammlungen verboten.
Historische Veröffentlichungen
Rembert Dodoens (Dodonaeus) schrieb 1554 in seinem in Flämisch verfassten Cruydt boek (Kräuterbuch) über eine Pflanze, die sehr merkwürdiger Natur und faszinierend sei. Wenn die Sonne heiß schiene, fände man es ständig feucht und mit Tau bedeckt. Je heißer die Sonne brenne, desto mehr Tau bilde sich, weshalb sie auf Latein Ros solis (Sonnentau) genannt werde.
1875 erschien Charles Darwins Buch „Insectivorous Plants“ (Insektenfressende Pflanzen), in dem er die Carnivorie des Rundblättrigen Sonnentaus, der Venusfliegenfalle, den Kannenpflanzen, des Taublatts und des Wasserschlauchs belegte, und sogar die des Tabaks beweisen wollte.
Bedeutung des Artnamens
- rotundifolia: lat. rotundifolius = rundblättrig
Interessantes am Rande
- In Italien bereitete man einen Likör, der Auszüge von Sonnentau enthielt, und nannte ihn Rossoli oder Rosoglio (nach dem alten Namen der Pflanze Ros solis). Noch heute wird in der Schweiz ein ähnlicher Likör (Rosoli) hergestellt, der allerdings keinen Sonnentau mehr enthält.