Orchideengewächse |

Phalaenopsis-Hybriden gibt es in unterschiedlichen Farben und Formen
Orchidaceen sind einkeimblättrige Pflanzen und auf der ganzen Welt beheimatet, außer im ewigen Eis und in Wüstengebieten. Sie zählen etwa 1000 Gattungen und ihre Artenzahl wird mit 22.000–26.000 angegeben, das entspricht ungefähr der der Asteraceen, womit sie zu den größten Familien innerhalb der Samenpflanzen zählen.
Orchideen sind ausdauernde Kräuter, oft mit Wurzelstöcken oder Knollen und meist beblätterten Stängeln. Sind keine unterirdischen Speicherorgane vorhanden, werden oft „Pseudobulben“ (verdickte Sprossteile) gebildet, so bei epiphytischen (auf anderen Pflanzen wachsende) Orchideen oder bei solchen die auf Felsen wachsen. Die gegen- oder wechselständigen Blätter sind einfach, ganzrandig, meist parallelnervig, dünn bis fleischig, manchmal lederig, sitzend oder gestielt, manchmal mit glänzender Wachsschicht (Cuticula).
Die traubigen, rispigen oder ährigen Blütenstände können basal oder end- bzw. seitenständig sein, oft werden auch nur einzelne Blüten gebildet. Die Blüten sind meist zwittrig und meist zygomorph. Es sind 3 Kelch- und 3 Kronblätter vorhanden, wobei das untere Kronblatt zu einer Lippe ausgeformt ist, die gespornt sein kann.
Oft dreht sich die Knospe während des Erblühens um 180°, so dass es sich bei der Lippe eigentlich um das obere Kronblatt handelt, ein Phänomen, das als Resupination bezeichnet wird und auch bei vielen Springkräutern vorkommt. Orchideen bilden ein spezielles Blütenorgan aus: die Säule (Columna). Sie ist eine Verwachsung aus 1–2 Staubblättern und dem Griffel mit Narbe. Etwas ähnliches tritt bei der Gattung Lopezia innerhalb der Nachtkerzengewächse auf und wird dort Gynostemium genannt.
Blütenformel meist: |
*–↓ K3 C3 [A(1–2) G(3)] unterständig |
Nach mehreren Arbeiten von Chase et al. (seit 2003) können die Orchideen in fünf Unterfamilien eingeteilt werden: Apostasioideae, Cypripedioideae, Epidendroideae, Orchidoideae und Vanilloideae. Aufgrund von DNA-Analysen mussten im Vergleich zu anderen Familien nur wenige Korrekturen auf Unterartniveau getätigt werden und man konnte bestätigen, dass die Orchideengewächse monophyletisch sind, also auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückgeführt werden können.
Mykorrhiza
Die Samen der meisten Orchideen enthalten kein Nährgewebe. Weil sie dadurch mikroskopisch klein bleiben können, kann die Pflanze massenhaft davon herstellen. Der Nachteil an der Sache ist, dass dem Embryo dadurch kein „Proviant“ in Form von Stärke oder Fetten mitgegeben werden kann und er deswegen oft nur dort eine Chance hat sich zu entwickeln, wo bestimmte Pilze vorhanden sind, die den Embryo infizieren.

Blütenstand von Dactylorhiza maculata
Danach geht die junge Pflanze in die Offensive über, indem sie beginnt, den Pilz zu parasitieren oder sogar Teile von ihm zu verdauen. Zwischen dem Pilz und der sich entwickelnden Wurzel der Orchidee beginnt sich eine sog. Mykorrhiza, ein Geflecht von feinen Wurzeln und Pilzfäden auszubilden. Diese existiert so lange, bis der Keimling zur Photosynthese fähig ist. In den meisten Fällen benötigt die Pflanze den Pilz dann nicht mehr und ernährt sich eigenständig. Einige Orchideen brauchen den Pilz jedoch ihr Leben lang, weil sie kaum noch bzw. überhaupt kein Chlorophyll mehr bilden können, wie z. B. die Nestwurzen (Neottia).
Jede terrestrische Orchideenart kann mehrere Pilzarten parasitieren, ebenso kann eine Pilzart mit mehreren Orchideenarten eine Mykorrhiza ausbilden. Das hat für die Orchidee den Vorteil, dass die Wahrscheinlichkeit erhöht ist, einen passenden Pilz zu finden. Allerdings gibt es gut und weniger gut geeignete Wirte, manchmal „gewinnt“ sogar der Pilz und tötet den Embryo. Wird gar kein geeigneter Pilz gefunden, gelingt es der Pflanze oft nicht zu keimen, es sei denn, sie findet exzellente Bedingungen vor.
Nutz- und Zierpflanzen
Die einzige Nutzpflanze unter den Orchideen, die größere wirtschaftliche Bedeutung besitzt, ist die Vanille (Vanilla planifolia). Die aus Mittel- und Südamerika stammende, bis zu 15 m hoch werdende Kletterpflanze wird heute in vielen tropischen Gebieten der Erde angebaut. Dort muss sie allerdings künstlich bestäubt werden, da die natürlichen Bestäuber nur in Amerika vorkommen. Die sog. „Vanilleschote“ ist die fermentierte Fruchtkapsel der Pflanze. Sie wird im Handel meist in Glasröhrchen angeboten, um sie vor Austrocknung schützen. Die größten Abnehmer sind jedoch nicht die Lebensmittelmärkte, sondern Produzenten von Cola-Getränken.
Als Zimmerpflanzen werden häufig Dendrobien gehalten. Dendrobium ist eine große Gattung von hauptsächlich epiphytisch lebenden Orchideen, die um die 1200 Arten zählt.
Eine ähnliche Lebensweise führen die meisten Exemplare der wohl beliebtesten Orchideen-Gattung Phalaenopsis. Als Zimmerpflanzen werden jedoch nur terrestrische Arten angeboten. Phalaenopsis ist eine ziemlich kleine Gattung, die nur ca. 100 Arten umfasst. Durch gezielte Hybridisierungen innerhalb der Gattung und darüber hinaus gibt es bis heute eine quasi unüberschaubare Vielfalt an Sorten.
Interessantes am Rande
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Die Ragwurzen (Ophrys) imitieren mit ihrer Blütenform weibliche Insekten wie z. B. Bienen, Hummeln, Käfer, Grabwespen oder Fliegen. Darüber hinaus kopieren sie sogar noch den Sexuallockstoff des jeweiligen Insekts. Versucht ein Männchen eine Begattung mit der Blüte, so wird ihm eine Pollenpaket (Pollinium) angeheftet, das es dann zur nächsten Blüte trägt und sie bestäubt.
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In Deutschland sind alle Orchideenarten geschützt, auch die sehr häufige Breitblättrige Stendelwurz (Epipactis helleborine).